Xiang Peng – Figural Space Cabinet als performative Architektonik
Torsten Blume
Xiang Peng – Figural Space Cabinet als performative Architektonik, darstellendes Gestalten und Leibesübung für Gestalter
Das Bauhaus beanspruchte wie kaum eine andere Schule die Möglichkeit einer Erziehung des „ganzen Menschen“ und letztendlich sogar der ganzen Gesellschaft durch neu gestaltete Formen, Bilder und Dinge des täglichen Lebens. Doch vor und neben dem Entwerfen von für die industrielle Massenproduktion geeigneten Stahlrohrmöbeln, geometrisch streng komponierten Leuchten und seriell zu produzierende Häusern, galt eine möglichst breit und ganzheitlich angelegte, sowohl sinnlich-konkrete und zugleich stetig reflektierte Erziehung der Gestalter als die wesentliche Errungenschaft und Aufgabe dieser Schule. Dazu gehörte der Vorkurs als umfassendes Wahrnehmungstraining und ab 1921 die Bühnenwerkstatt, die Oskar Schlemmer von 1923 bis 1929 leitete. Die Bauhausbühne war letztendlich eine einzigartige Erweiterung des Ausbildungsangebotes für die am Bauhaus studierenden Gestalter und Architekten. Schlemmer entwickelte die Bauhausbühne als ein pädagogisches Programm angewandter, darstellender Raumgestaltung. Hier sollten die Studierenden keine Theatermacher, Schauspieler oder Tänzer werden, sondern vielmehr ihr Empfindungsvermögen im Umgang mit Material und Raum mit tänzerischen Bewegungsübungen erweitern können – im Tanzen für Raumgestalter. Auf der Suche nach „Gesetzmäßigkeit des theatralischen Spiels“ und „tänzerischer Mathematik“ für die Bauhausbühne entdeckte Oskar Schlemmer in den 1920er Jahren die traditionelle chinesische Oper als ein wichtiges Vorbild. Ihn faszinierte der strenge artifizielle Formalismus des historischen chinesischen Musiktheaters – das seine Ursprünge in bunten volkstümlichen, auch tänzerisch-artistischen Singspielen nicht verleugnet -und wie definierte Charaktere durch Kostümtypen repräsentiert werden. Denn formbewusste Bewegungen und definierte Bewegungscharaktere bildeten für Schlemmer auch die Grundlage seiner Idee einer „Typenbühne“. Im Performance-Projekt „Xiang Peng – Figural Space Cabinet“ haben Torsten Blume von der Stiftung Bauhaus Dessau und Hu Zhenhang von der China Academy of Art Hangzhou mit Studierenden verschiedener künstlerischer und gestalterischer Disziplinen diese historische pädagogische Perspektive und chinesisch-deutsche Wechselwirkung neu reflektiert. So entwickelte sich ein experimenteller Dialog, in dem sich die Abstraktion der Bauhausbühne und der Formalismus des traditionellen chinesischen Theaters noch einmal begegnen und dabei neu erkundet werden können.
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