Mary Gelman (RUS) Dokumentarfotografie/Video 2019/20, Foto: Mary Gelman

Interview mit Residenzkünstlerin Mary Gelman (RUS) 2019/20 , #2 – 2019

Mary Gelman ist Dokumentarfotografin und Soziologin aus St. Petersburg. Sie war Gewinnerin zahlreicher Wettbewerbe, u.a. erhielt sie den Leica Oskar Barnack Award, Istanbul Photo Award, den 2. Platz beim Andrei Stenin International Photo Contest und den Residenzpreis beim Portrait – HELLERAU Photography Award 2019. 

Woran arbeitest du während der Residenz in HELLERAU? 

Ich arbeite an meinem neuen Projekt, „Acts of Acceptance of the Body“, für das ich Fotos von Frauen, Paaren und Familien in Moskau und St. Petersburg gemacht habe, die wegen ihres Gewichts durch verschiedene Strukturen und von verschiedenen Gruppen in Russland diskriminiert werden. Während der Residenz möchte ich einen Schritt weitergehen und mit dem Medium Video die Themen Akzeptanz eines Körpers, Kultur der Scham und Einfluss der Ernährungskultur verbinden. 

Was verfolgst du mit dem Projekt „Acts of Acceptance of the Body“? 

Das Projekt wird keinen Leitfaden haben, sondern eher eine Einladung sein für einen anderen Umgang mit dem Thema Körper. Ich habe mit verschiedenen Frauen sehr persönliche Gespräche aufgenommen, bei denen sie mir Aktivitäten zeigten, die ihnen geholfen haben, Harmonie mit ihrem Körper zu fühlen und aus dem Kreislauf der empfundenen Scham für ihren Körper auszubrechen. 

Wie würdest du deine Arbeitsweise beschreiben? 

In meinem Projekt über Fatphobia untersuche ich die Kultur der Scham. Welchen Druck üben Schönheitsnormen und die Ernährungsindustrie auf die Akzeptanz des eigenen Körpers aus? Ich untersuche diese Zusammenhänge durch Erzählungen von Menschen. Dabei praktiziere ich eine Kollaborationsmethode mit den Teilnehmer*innen, bei der wir gemeinsam in den Prozess der Erstellung eines Bildes oder Videos eintreten. Künstler*innen aus den Bereichen Tanz, Theater, Performance, Neue Musik und Medien können im Rahmen des Residenzprogramms Arbeitsmethoden vertiefen, künstlerisch forschen sowie konzentriert Projekte entwickeln und sich mit anderen Künstler*innen austauschen.

HELLERAU bietet Künstler*innen einen Wohn- und Arbeitsort vor Ort. Die Residenzen werden direkt an Künstler*innen aus der Region und dem In- und Ausland vergeben, deren künstlerische Arbeit von HELLERAU unterstützt und zu denen eine längerfristige Arbeitsverbindung aufgebaut wird. Darüber hinaus ist das Residenzprogramm mit verschiedenen Partnerinstitutionen wie den Goethe-Instituten in Istanbul und Québec, dem Conseil des arts et des lettres du Québec, der Stiftung Kunst und Musik für Dresden und weiteren Kulturpartner*innen international verknüpft. HELLERAU engagiert sich im Arbeitskreis deutscher internationaler Residenzprogramme. Neben der Arbeit an den eigenen künstlerischen Projekten wird auch der Kontakt zur regionalen Szene ermöglicht und damit ein Austausch künstlerischer Perspektiven und Arbeitsweisen befördert. Dresdner Kulturpartner wie zum Beispiel das Medienfestival CYNETART sowie dgtl fmnsm im Bereich Digitale Kunst und der PORTRAITS – HELLERAU Photography Award im Bereich Fotografie sind Teil des Residenzprogramms.

Rosa Müller, in HELLERAU für die Residenzen verantwortlich, sprach mit drei Residenzkünstlerinnen, die bereits in HELLERAU waren oder in dieser Saison hier arbeiten werden.