Foto: Olga Filonchuk

Nebenan. Unabhängige Kunst aus der Ukraine 28.06. – 02.07.2023

Mit dem thematischen Schwerpunkt „Nebenan/Поруч“ solidarisiert sich HELLERAU mit den vielen ukrainischen Künstler:innen, die von Krieg und Zerstörung bedroht sind und bietet eine öffentliche Plattform für Präsentation, Austausch und Vernetzung sowie für offene Arbeitsprozesse. Im Frühjahr 2022 hat HELLERAU unter dem Titel „Nebenan/Побач“ unabhängige zeitgenössische Künstler:innen aus Belarus nach der niedergeschlagenen Revolution von 2020 präsentiert. Die neue Ausgabe von „Nebenan/Поруч“ widmet sich der widerständigen Kraft der ukrainischen zeitgenössischen Kunst, insbesondere in den Performing Arts. Seit dem 24. Februar 2022, mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, dauert der Angriffskrieg Russlands mit Gewalt und Grausamkeit gegen die Zivilbevölkerung an. Mehrere Millionen Ukrainer:innen sind in die europäischen Nachbarstaaten geflüchtet, viele sind mittlerweile wieder in ihre Heimat zurückgekehrt oder erneut auf der Flucht. Ukrainische Künstler:innen engagieren sich im Freiwilligendienst, agieren als Sanitäter:innen oder als Soldat:innen im Verteidigungskrieg, entwickeln Kulturangebote für ukrainische Soldat:innen, schaffen Spendenplattformen und setzen ihre künstlerische Arbeit – soweit möglich – vor Ort oder „im Exil“ fort. Bemerkenswert sind die vielen Kooperationen auf lokaler und internationaler Ebene zwischen Künstler:innen, Initiativen undInstitutionen. Weltweit entstehen neue kollaborative Arbeitszusammenhänge und Netzwerke, beispielsweise in Form von Residenzprogrammen, Community-Projekten oder neu gegründeten Künstler:innen kollektiven. „Nebenan/Поруч. Unabhängige Kunstaus der Ukraine“ lädt vom 28.06.–02.07.2023 ein zu Performances, Vorträgen, Workshops, Gesprächen und Lesungen von und mit ukrainischen Künstler:innen und Intellektuellen. Die Beiträge machen einerseits sichtbar, wie der Krieg und die angespannte Situation (bestehend seit der Annexion der Krim 2014) die Biografien der eingeladenen Künstler:innen beeinflusst und sich inhaltlich und formal auf ihre künstlerische Praxis auswirkt. Künstler:innen reflektieren das Erlebte auf sehr persönliche, intime Art und Weise und bewegen sich zwischen Wut, Trauer,Angst und dem Wunsch nach Frieden und (innerer) Freiheit. Zugleich zeigen die Programmpunkte die vielschichtigeIdentität der Ukraine, ihre Traditionen und Geschichte, die nicht erst nach dem Ende der Sowjetunion begonnen hat. Im Festspielhaus sowie im Kulturgarten stellt HELLERAU künstlerische Arbeiten vor und bietet die Gelegenheit zu Begegnungen, Austausch und Diskussion.

Roza Sarkisian – Queerbaret

Die queerfeministische Theatermacherin Roza Sarkisian entwickelt gemeinsam mit den Performer:innen Oxana Cherkashyna und Alexandra Malatskovskaya und der Kuratorin Agata Siwiak die Idee und Praxis eines queeren Kabaretts. Gemeinsam suchen sie nach theatralen Formen, die der Welt des Work-in-progress entsprechen. Das Queerbaret Kollektiv feiert künstlerische Verrücktheit, alternative Möglichkeiten für die Existenz von Kunst und performative Effizienz.  

Hooligan Art Community – Bunker Cabaret

Hooligan Art Community ist eine unabhängige Theatergruppe, die 2019 in Kiew gegründet wurde. Im August 2022 kamen die Künstler:innen in London zusammen, um zum ersten Mal seit der russischen Invasion wieder gemeinsam zu arbeiten. Die Performance „Bunker Cabaret“, die ihren Ausgangspunkt in den Luftschutzbunkern von Kiew nimmt, offenbart abwechselnd ironisch, roh, witzig und erschütternd die individuellen Kriegserfahrungen der Künstler:innen.

Elwira Niewiera, Piotr Rosołowski – Das Hamlet-Syndrom

Fünf junge Menschen aus der Ukraine sprechen über ihr Leben nach der Maidan-Revolution 2014. Die Theaterregisseurin Roza Sarkisian inszeniert mit ihnen eine Hamlet-Adaption, in der sie sich in Shakespeares Tragödienfigur spiegeln und Traumata auf der Bühne neu begegnen. Die Filmemacher:innen Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski zeichnen mit den Theaterproben und Interviews ein filmisches Porträt einer jungen Generation Ukrainer:innen, die ihr Land verändern wollen – egal, wie schwierig die Umstände sind. 

театр драматургів – Theatre of Playwrights

Am 12. März 2022 sollte in Kiew mit dem театр драматургів – Theatre of Playwrights ein neues Theater der Autor:innen eröffnet werden, geleitet von einem Kollektiv aus 20 ukrainischen Dramatiker:innen. Doch der Angriffskrieg der russischen Armee zerstörte diese lange und sorgfältig vorbereitete Premiere. In einer Kooperation der Schaubühne Lindenfels Leipzig mit HELLERAU und dem театр драматургів – Theatre of Playwrights entsteht ein Rechercheprojekt, das sich über mehrere Monate erstreckt und in Form von Lecture-Performances und Lesungen präsentiert wird.

DACH

Unter dem Titel „DACH“ hat der Fonds Darstellende Künste 2022 in Zusammenarbeit mit den drei bundesweit agierenden Netzwerken – dem Bündnis internationaler Produktionshäuser, dem Bundesnetzwerk flausen+ sowie dem Netzwerk Freier Theater – ein Residenzprogramm für ukrainische Künstler:innen in Deutschland initiiert und umgesetzt. Angesichts des Krieges auf dem europäischen Kontinent setzen die Partner:innen damit ein Signal der Solidarität und des transnationalen Arbeitens in den Freien Darstellenden Künsten. Angebunden an HELLERAU und an andere Produktionshäuser haben ukrainische Künstler:innen innerhalb von Residenzen an ihren Projekten gearbeitet. Einige Künstler:innen geben nun in Open Studios Einblicke in ihre künstlerischen Recherchen und Arbeitsprozesse und laden zu einem Austausch ein.  

Gefördert im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von derBeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie von der Bundeszentrale für politische Bildung.