Schlachthof 5 nach dem Roman von Kurt Vonnegut

Konzertante Aufführung von AuditivVokal Dresden

Musik 2021/22
Foto: Stephan Floss

In den Kellern des Schlachthof 5 überlebt Kurt Vonnegut die schweren Bombenangriffe vom 13. Februar 1945, sein 1969 erschienener Roman wird zum Kultbuch. Im September 2020 fand in HELLERAU die Uraufführung des Musiktheaterstücks „Schlachthof 5“ in der Regie von Maxim Didenko statt, die nun als konzertante Umsetzung zur Aufführung kommt.

Kurt Vonnegut erzählt über das Grauen des Krieges und macht zugleich das Erinnern selbst zum Thema. Sein Roman „Schlachthof 5“ ist Collage, Satire, Biografie, Science Fiction und alles zugleich: fragmentarisch-ausschnitthaft wandert die Romanerzählung durch unterschiedliche Zeitebenen und lässt persönliche Erfahrung und Erlebtes mit Fiktion zusammenlaufen. Vonnegut gerät als junger amerikanischer Soldat 1944 in Kriegsgefangenschaft und wird nach Dresden gebracht. In den Kellern des Schlachthof 5 überlebt er die schweren Bombenangriffe vom 13. und 14. Februar 1945. Sein 1969 erschienener Roman wird zum Kultbuch. Wie erinnern wir den Krieg? Welche Erfahrungen werden Teil unseres kulturellen Gedächtnisses? 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind die Fragen, die „Schlachthof 5“ aufwirft, aktuell wie nie. Bereits zu NS- und DDR-Zeiten wurden die Geschehnisse der Bombennacht zum Spielball einer wechselvollen Instrumentalisierung durch unterschiedliche politische Akteur*innen und Lager. Und auch heute wird beständig an dem „Mythos Dresden“ fortgeschrieben. Gegen die Vereinnahmung der Bombenangriffe durch (Neo)Nationalistische und rechtspopulistische Gruppierungen hat sich eine breite Allianz bürgerschaftlichen Engagements quer durch verschiedene Bevölkerungsgruppen, Parteien, Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen gebildet.

Vor diesem Hintergrund entwarf der russische Theaterregisseur Maxim Didenko eine neue Bühnenfassung von „Schlachthof 5“, die im September in HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden uraufgeführt wurde. Didenko, vielfach ausgezeichnet und international bekannt für seine bildgewaltige choreografisch-theatrale Bühnensprache, suchte mit seiner Inszenierung nach neuen Möglichkeiten eines gegenwärtigen Blicks auf Vonneguts Text und den „Mythos Dresden“.

Mit seinem neuen Chorwerk widmete sich George Dreyfus dem jüdischen Widerstand während der NS-Zeit. Der von ihm selbst verfasste deutschsprachige Text spricht von illegaler politischer Arbeit, erwähnt aber auch die fatalen Folgen des Brandanschlags: die Zerschlagung der Gruppe und die Erschießung jüdischer Geiseln.

Mit seinem vierstimmigen A-cappella-Chor knüpfte Dreyfus an die sozialistischen Arbeiterchöre Hanns Eislers an; diesen Schönberg-Schüler und Brecht-Freund, der auch die Nationalhymne der DDR komponierte, hat er einmal als „my cultural hero and role model“ bezeichnet. Die neue Komposition besteht aus vier großen, meist konsonanten Teilen, in denen vom Sopran angestimmte, kurze Motive jeweils von den anderen Stimmen aufgegriffen werden. Einzelne Textpassagen werden gesprochen, so der Appell „Genossen! Der Sieg ist nicht fern, er wird unser sein!“. Nach dem Bericht über die erschossenen jüdischen Geiseln beginnt der Schlussabschnitt (,,Kopf hoch!“) mit einem leisen Aufruf zur Geduld. Der Erwähnung eines mit dem Fallbeil getöteten „Revolutionärs“ folgt dann aber im Fortissimo der verzweifelte Ausruf: ,,Wie all‘ die Millionen Andren, sie starben für nichts, für nichts!“. Die hier verwendete Fanfarenmelodik erinnert an eines der bekanntesten Kampflieder Hanns Eislers, seinen „Linken Marsch“ auf einen Text von Wladimir Majakowski.

(Quelle: from and about berlin aktuell 12.2020 | No. 106)

Dauer: 2 Std.

Sprache: Deutsch

Schauspiel: Wolf-Dieter Gööck
Text: Johannes Kirsten
Musik: Vladimir Rannev
AuditivVokal Dresden unter der Leitung von Olaf Katzer
Lichtdesign: Falk Dittrich

Eine Koproduktion von tristan Production und HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste 

Gefördert im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.