Prophétique (On est déjà né-es)

Nadia Beugré / Libr'Arts

Tanzformen 2023/24 Tanz Performance Kulturpass

Vor zwei Jahren traf Nadia Beugré Mitglieder der Transgender-Community in Abidjan, wo sie auch selbst aufgewachsen ist. Tagsüber Friseur:innen, nachts Diven auf der Tanzfläche – so leben viele von ihnen sowohl im sichtbaren als auch unsichtbaren Teil einer sehr patriarchalischen Gesellschaft, in parallelen Kreisen und Solidaritätsnetzwerken. Sie erfinden ihre eigenen Tänze, die mit einer Mischung aus Voguing und Coupé-Décalé die Nächte von Abidjan prägen. In der intimen und zugleich explosiven Tanzperformance „Prophétique (On est déjà né·es)“ wird das Theater zum Friseursalon, zum Club, und wieder zum Theater, so wie auch Körper fluide sein können. Und Tanz wird zu einer Sprache der Solidarität.

Dauer: ca. 1 Std. 10 Min.
Sprache: Französisch, Nouchi, brasilianisches Portugiesisch mit deutschen & englischen Übertiteln 

Publikumsgespräch im Anschluss am Fr. 27.10. moderiert von Prof. Katharina Christl (Studiengangsleitern Choreografie Palucca Hochschule für Tanz Dresden)

Am 28.10. im Anschluss Party mit DJ Blizz

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Nadia Beugré wurde in der Republik Côte d’Ivoire geboren. Sie wurde zuerst in traditionellem Tanz ausgebildet und war dann Gründungsmitglied des bahnbrechenden, rein weiblichen Tanzensembles Tché-Tché von Béatrice Kombé, mit dem sie jahrelang auf Tour war. Nach dem Tod von Beatrice Kombé besuchte sie die École des sables – Senegal und nahm 2009 an Ex.e.r.ce. teil, dem Programm von Mathilde Monnier für aufstrebende Choreograph:innen in Montpellier. Bald brachte sie eigene Produktionen auf die Bühne, welche traditionelle Volkstänze, zeitgenössischen experimentellen Tanz und Einflüsse des Urban/Hip-Hop miteinander verbinden. Beugré tritt auch in Arbeiten von Choreograph:innen wie Alain Buffard, Seydou Borooder, Dorothée Munyaneza, Faustin Linyekula und Boris Charmatz auf. 2017 begann Nadia Beugré eine fünfjährige Künstlerresidenz am De Vooruit in Ghent. Zudem hat Nadia Beugré ihre Compagnie Libr’Arts in Montpellier gegründet, eine Plattform für Produktion, Tourneen und Ausbildung zwischen Frankreich und der Republik Côte d’Ivoire.

https://www.nadiabeugre.com/en

Beyoncé ist Tänzerin, Performerin und Flechterin und wuchs in Abidjan auf. In den Jahren 2009 und 2010 nahm sie an der TV-Sendung Wozo Vacances teil, dann 2021 an der Jugend-TV-Sendung Variestocope mit der Gruppe Wabononou Système. Gleichzeitig absolvierte sie Choreografie-Workshops mit Merlin Bleriot Nyakam (2018), Jenny Mezile (2019) und Nadia Beugré (2022) und tritt gelegentlich mit Künstlern aus der ivorischen Musikszene wie Vitale und Choreografen wie Krimbo Delagringe (2013), Yves Thomas Ble (2015) und Georges Momboye (2020) auf.

Jhaya Caupenne wurde in Brüssel als Kind ivorischer Eltern geboren und ist eine nicht-binäre Transgender-Performerin. Sie tanzt mit Leidenschaft verschiedene Tanzstile wie Hip-Hop, Krump und Afro, aber erst der Voguing hat es ihr ermöglicht, sich zu emanzipieren und ihre Individualität zu akzeptieren. Jhaya ist mit Pitcho Womba Konga (Fire will become ashes but not now) am KVS, mit Opera Ballet Vlanderen, mit Marco Torrice (Melting Pot) und mit Marcos Arriola in Les Halles de Schaerbeek (Cruce) aufgetreten.

Jhaya ist auch mit verschiedenen belgischen LGBTQIA+ Vereinigungen und Kollektiven verbunden, wie Rituals Benediction, Queer futur Club, Pink screens, Gay Haze, Sassy cabaret, La Garçonnière production. 2021 lernte sie in Brüssel Nadia Beugré kennen, die sie im August 2022 nach Abidjan einlud, und ist seitdem eine der Performerinnen von Prophétique (on est déjà né.es).

Taylor Dear hat sich als Kind in Abidjan anders gefühlt. Der Spott der anderen Kinder und die unangebrachten Bemerkungen der Erwachsenen gehörten zu ihrer täglichen Routine. Als sie im Alter von 16 Jahren umzieht, lernt sie einen Freund kennen, der sie mit Fotoshootings und sozialen Netzwerken vertraut macht. Sie beginnt, Fotos auf Facebook zu posten, um Einfluss und Sichtbarkeit in der Swag-Bewegung zu gewinnen, und dann auf Instagram: „Es war ein echter Augenöffner, ich traf Menschen wie mich, besonders, vernachlässigt, missverstanden. Ich habe schnell Selbstvertrauen gewonnen. Ich wollte mein tägliches Leben teilen, um Schüchternheit und Frustration loszuwerden. Es ging auch darum, den Schlägen und der Aggression auf der Straße zu entkommen. Seitdem ist Tik tok mein Zuhause, meine Zuflucht, der Ort, an dem ich mich wie ich selbst fühlen kann.“

Taylor setzt sich auch für LGBT-Rechte in Côte d’Ivoire ein und ist in dem Video „cest paé c’est Côte d’Ivoire“ des ivorischen Rappers Elown zu sehen. Mit Libr’Arts entdeckte sie durch eine Reihe von Schulungen in 2022 und einen anschließenden Kreativaufenthalt „ein anderes Universum, eine andere Sicht auf die Welt, einen anderen Rahmen für Ausdruck und Austausch“.

Kevin Sery wurde 1996 in Côte d’Ivoire geboren und begann im Alter von 9 Jahren in der Schule und in seiner Nachbarschaft zu tanzen. Mit seiner Leidenschaft für den Tanz nahm er 2005 an Wozo Vacances teil, einer sehr beliebten Tanz-Reality-Show für Kinder und Jugendliche, und 2013 erneut unter der Leitung des Choreografen Henri Joel. Danach wurde er Mitglied der Company Moaye Ivoire unter der Leitung von Amany Stéphane Kouassi. Mit diesem Ensemble nahm er am Internationalen Festival von Ouagadougou, an den 8. Jeux de la Francophonie und an verschiedenen Konzerten im Palais de la Culture und im Hôtel Ivoire teil. Elysée Goli schrieb für ihn das Solo En-Ze-Li. 2021 lernt er Nadia Beugré kennen, die ihn nach mehreren Workshops einlud, an ihrem Werk mitzuarbeiten.

Acauã El Bandide Shereya wurde in Fortaleza, Brasilien, geboren und wuchs bei Lehrerinnen und einem Großvater, der Handwerker war, auf. Sie studierte Theater an der IFCE (2009), dann Tanz am Curso Técnico em Dança (2012), bevor sie das Performing Art Advanced Programme (PACAP3) am Fórum Dança in Portugal absolvierte (2019). Sie nutzt die „Gambiarra“, um mögliche Bilder von Demokratie durch queere darstellende Körper zu erkunden. In ihrem künstlerischen Universum stehen sich Verletzlichkeit und Verwirrung, Traum und Albtraum, Zartheit und Obszönität gegenüber.

2022 schloss sie den Masterstudiengang am CCN de Montpellier ab, wo sie Nadia Beugré kennenlernte und persönliche Projekte entwickelte: „Além de vocês, o que tem para comer hoje?“, das 2023 im Centre National de la Danse in der Nähe von Paris präsentiert wurde, und „Nuages Clouds Nuvens“, ein Choreografie- und Klangprojekt für Kinder. Als Performerin trat sie 2023 in „Apocalypso“, einem von Luara Raio erdachten und mit ihr getanzten Duett, „Feijoada“ von Calixto Neto und „Prophétique (on est déjà né.es)“ von Nadia Beugré auf. Acauã wird von La Briqueterie – CDCN du Val-de-Marne 2022/2023 unterstützt und lebt im Maison Rester. Étranger in der Region Paris.

Canel Tra ist eine ivorische Aktivistin der Organisation Fondygender, die sich für die Rechte von LGBT+—Personen in der Elfenbeinküste einsetzt. Sie begann im Alter von vier Jahren, sich als Mädchen zu fühlen. Sie sagt: „Es war nicht leicht für mich, und auf jeden Fall war nichts jemals leicht für mich, vor allem in meiner Nachbarschaft, wo ich als ‚Genie‘ bezeichnet wurde – weder ein Mann noch eine Frau – und in der Schule. Das hat mir den Mut gegeben, mich zu äußern.“ 2022 sprach sie in einem ivorischen Fernsehsender offen über ihre Identität als Transgender-Frau. Im selben Jahr lernte sie Nadia Beugré kennen und nahm an Workshops teil, bevor sie teil von „Prophétique (on est déjà né.es)“ wurde.

Künstlerische Leitung: Nadia Beugré
Szenografie: Jean-Christophe Lanquetin
Licht: Anthony Merlaud
Mit: Beyoncé, Canel, Jhaya Caupenne, Taylor Dear, Acauã El Bandide Shereya, Kevin Kero
Assistenten: Christian Romain Kossa, Adonis Nebié
Produktion: Libr’Arts / Virginie Dupray
Ko-Produktion: Kunstenfestivaldesarts Théâtre Le Rideau Bruxelles, Points Communs Cergy Pontoise, Montpellier Danse, Centre Pompidou Paris, Festival d’Automne à Paris, Holland Festival Amsterdam, ICI – Centre Chorégraphique National de Montpellier Occitanie / direction : Christian Rizzo in the framework of the Accueil-Studio programme, Culturescapes 2023 Sahara, La place de la danse CDCN Toulouse Occitanie, théâtre Garonne scène européenne – Toulouse, Fonds Transfabrik – Fonds franco-allemand pour le spectacle vivant, Tanz im August / HAU Hebbel am Ufer Berlin, Spielart Festival Munich, Theater Freiburg, Africa Moment
Mit Unterstützung von: DRAC Occitanie – Ministère de la Culture et de la Communication.