Archiv der Gefühle – HELLERAU, Selbstisolation

Gizem Aksu (TR)

Opening besonderer Rundgang in der Gartenstadt Hellerau | Dauer: 01.06. – 21.06.2020

Ausstellung

Die Residenzkünstlerin Gizem Aksu arbeitet seit mehreren Wochen in HELLERAU und präsentiert nun ihre Arbeiten in Zusammenarbeit mit den Bewohner*innen von Hellerau in der Gartenstadt. Sie können einen besonderen Spaziergang erleben, bei dem Sie den Stadtteil besser kennenlernen, Fotografien betrachten können und sich mit der digitalen Karte zusätzlich passende Sounds anhören können.

„Versuchen Sie, den Weg entlang der Ausstellung mit mikroskopischer Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und die Details der Umgebung zu erkunden.“ (Gizem Aksu)

Mehr Infos, Karte und Sounds, finden Sie hier.

Der Rundgang ist kostenfrei.

Gizem Aksu erklärt Ihnen die Hintergründe ihrer Arbeit:

Hallo,

 mein Name ist Gizem Aksu, ich bin Künstlerin aus Istanbul und wohne und arbeite aktuell für einige Wochen im Rahmen einer Residenz in HELLERAU. Während meines Aufenthalts wollte ich verschiedene Emotionen und Gefühle durch alltägliche Begegnungen, gemeinsamen Austausch, soziale Beobachtungen und persönliche Erfahrungen im öffentlichen Raum sammeln. Dabei wollte ich untersuchen, wie sich Gefühle im öffentlichen Raum und in alltäglichen Begegnungen körperlich manifestieren. Ob sie zirkulieren, sich transformieren und übertragen.

Jedoch begannen aufgrund der Corona-Pandemie die Tage der Selbstisolation und die öffentlichen Räume blieben leer. Es gab keine Begegnungsmöglichkeiten im Alltag und der öffentliche Raum bot keinen Platz für (un)erwartete Beziehungen und (un)beabsichtigte Interaktionen. Körperliche Distanzierung bedeutet jedoch nicht zwingend soziale Distanzierung. Daher wollte ich mir Inspiration aus der Nachbarschaft rund um das Festspielhaus suchen und Anwohner*innen aus Hellerau einladen, gemeinsam einen temporären, künstlerischen Ausstellungsraum an der frischen Luft zu kreieren. Wie kann sich die Kunst selbst in einen öffentlichen Raum für soziale Interaktion und unvorhersehbaren Austausch transformieren? Können wir fühlen, wie sich der öffentliche Raum durch die durchsichtigen Spuren unserer atmenden Körper verändert?

Die Fotografien habe ich in der Umgebung von Hellerau während des Lockdowns aufgenommen. Selbstisolation kann eine Gelegenheit bieten, mikroskopisch auf die Details unserer Körper und unserer Umwelt zu blicken. Daher arbeitete ich für die Ausstellung mit Mikrokörpern (0,005 cm). Mit mikroskopischer Aufmerksamkeit kann Transparenz von Körpern fühlbar gemacht werden; meine Arbeit knüpft hier an eine Aussage Wilhelm Röntgens von 1895 an: „Alle Körper besitzen die gleiche Transparenz, jedoch in unterschiedlichem Maße“. Selbstisolation kann eine Chance sein, sich daran zu erinnern, dass das eigene Ich immer in Beziehungen zur Umwelt und Umgebung steht.

Können wir Transparenz in Bezug auf unseren eigenen Körper fühlen?

Können wir Transparenz in der körperlichen Präsenz unseres Atems spüren?

Können wir Transparenz als neue Form der Intimität in unseren sozialen Beziehungen verstehen?

Können wir fühlen, wie sich der öffentliche Raum durch die transparenten Spuren unserer Körper verändert?