An Invitation to Disappear

Julian Charrière

Musik Film
Julian Charrière, An Invitation to Disappear – Sulawesi, 2018; Copyright the artist; VG Bild-Kunst, Bonn, Germany

In der Mehrkanal Audio-Video-Installation sind während des gesamten Festivals TONLAGEN – Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik vom 11.04. – 02.05.2021 Filmaufnahmen für ein Projekt von Julian Charrière und Dehlia Hannah geplant. Der Termin für die Veröffentlichung dieses Filmprojektes wird noch bekannt gegeben.

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“An Invitation to Disappear” ist die wörtliche Übersetzung von “Tambora”, einem Vulkan auf der indonesischen Insel Sumbawa. 1815 brach der Tambora aus verursachte die bis heute größte verzeichnete Eruption der Menschheitsgeschichte. Tausende Menschen fielen dem Ausbruch zum Opfer, eine Aschewolke verteilte sich rund um den Globus und ließ die Temperatur auch in Europa und Nordamerika sinken. Das Jahr 1816 ging als das “Jahr ohne Sommer” in die Geschichtsschreibung ein, der vulkanische Winter, der noch bis 1819 andauern sollte, rief Ernteeinbrüche, Überschwemmungen und Hungersnöte hervor. Aufgrund zahlloser Aerosole in der Atmosphäre veränderten sich aber auch die Farbspektren der Sonnenuntergänge: Die Werke William Turners oder Caspar David Friedrichs, die während dieser Jahre entstanden, können wie Chroniken dieser veränderten Sonnenstrahlung gelesen werden.

Die Installation „An Invitation to Disappear“ des Schweizer Künstlers Julian Charrière mit der Musik von Inland aka Ed Davenport folgt einer Choreografie: farbige Blitze erhellen die dunkle Nacht in einem dicht bestellten Palmacker, harte, elektronische Rhythmen in Endlosschleife durchschneiden die endlose Ruhe eines Baumfeldes. Eine Palmölplantage erbebt von Licht und Klang geschüttelt, die Szenerie schwankt zwischen verheißungsvoll und bedrohlich. Die Besucher bewegen sich mitten in einem Rave, sie folgen den Rhythmen und Klängen der elektronischen Musik, tauchen immer tiefer ein in eine von Nebelschwaden verschleierte Szenerie, die auf einer Palmölplantage in Fernost gedreht wurde. Eine Szenerie, die einem durch Musik verursachten Rauschzustand den exzesshaften Raubbau an der Natur zur Seite stellt. Die Allgegenwärtigkeit des Stoffes Palmöl findet ihre Analogie in der Abwesenheit unseres Interesses an dessen Gewinnung; die physische Absenz des Menschen schlägt in eine Omnipräsenz seiner Handlungen um. Obwohl Palmöl heute nahezu überall Verwendung findet, ist weit weniger bekannt, wie und wo es gewonnen wird und welche Folgen mit seinem Abbau verbunden sind. Der Anbau in Monokultur, die Vergiftung des Bodens aufgrund von Schädlingsmitteln und die Rodung der Regenwälder zur Vergrößerung der Anbauflächen gehen mit dem Wachsen von Palmölplantagen einher. Inmitten der starren Raster, in denen die Palmen gepflanzt sind, verdichtet die Installation An Invitation to Disappear Bild und Sound zu Metaphern für den menschlichen Fortschrittglauben, für kurzlebige (Profit-) Interessen und deren massive Folgen und beschwört gleichzeitig kollektive Trancezustände und Erfahrungen des Überzeitlichen herauf.

An Invitation To Disappear wurde zunächst in der Kunsthalle Mainz und Berlinische Galerie gezeigt, außerdem im Rahmen der Berlin Art Week in einer Live-Edition mit Inland aka Ed Davenport im Berghain. Im April 2021 ist die Installation Teil einer Dokumentation der pandemiebedingten Schließung des Kunsthauses HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste, und stellt so auf besondere Weise der Abwesenheit des Menschen die dramatischen Folgen menschlichen Handelns gegenüber.

Die Installation findet in HELLERAU während des Festivals TONLAGEN – Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik statt und ist ein HYBRID Projekt sowie eine erste Kooperation mit ZiMMT, einem neuen Zentrum für immersive Medienkunst, Musik und Technologie in einer ehemaligen Fabrikhalle im Leipziger Osten.
ZiMMT Crowdfunding-Kampagne
ZiMMT Immersive Sound Forum for 3D Audio

Courtesy of Studio Julian Charrière and Galerie DITTRICH & SCHLECHTRIEM 2021

Dehlia Hannah
BLACKOUT MANUAL Project
Mehr Informationen folgen demnächst hier.

Julian Charrière wurde 1987 in Morges in der französischen Schweiz geboren. 2006 begann er ein Kunststudium in der Schweiz. 2007 wechselte er an die Universität der Künste Berlin, wo er 2013 sein Studium bei Olafur Eliasson am Institut für Raumexperimente abschloss. Für die oft aufwändigen Entwicklungsprozesse seiner Werke arbeitet Julian Charrière mit internationalen Wissenschaftseinrichtungen zusammen. Zu Beginn seiner Projekte stehen meist ausgedehnte Exkursionen. Sie führen ihn in abgelegene und bedrohliche Gebiete wie Eisfelder, Salzwüsten, Vulkane oder radioaktiv verstrahltes Terrain. Seine Arbeiten waren bereits in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen, unter anderem 2017 in der Hauptausstellung der Biennale in Venedig.

Dehlia Hannah ist Philosophin und Kuratorin und derzeit Mads Øvlisen Postdoctoral Fellow für Kunst und Naturwissenschaften im Fachbereich Chemie und Biowissenschaften an der Aalborg Universität-Kopenhagen. Sie erhielt 2013 ihren Doktortitel in Philosophie und ein Zertifikat in feministischer Forschung von der Columbia University, mit Spezialisierungen in Wissenschaftsphilosophie und Ästhetik. Ihr kürzlich erschienenes Buch A Year Without a Winter (2018) reflektiert zeitgenössische Vorstellungen vom Klimawandel. Als Kuratorin erforscht sie in ihren Ausstellungen und künstlerischen Kollaborationen, wie aufkommende Wissenschaft und Technologie die ästhetische Auseinandersetzung mit Vorstellungen von Natur beeinflussen.

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