Spaß an der Ehe | kruse | schneidereit

Performative Installation | Großer Saal + Seitenbühne Ost

Nach einer kurzen, schönen und intensiven Phase des Verliebtseins, steht die europäische Beziehung auf der Kippe und man fragt sich: aufhören oder den Dialog aufnehmen und aktiv werden, um die “Therapie” wagen? Die Idee _die Utopie_ Europa als Europäische Union zu vereinheitlichen wird von der Rekonstruktion nationalistischer Souveränität eingeholt. Wie von der Liebe und Geselligkeit müde geworden, ziehen sich die europäischen Menschen zurück, lassen die Schranken wieder herunter. Zur Aufrechterhaltung eines europäischen Wir muss ein jede*r aktiv sein, werden und bleiben. Teilhabe ist maßgebend für den Fortbestand und vor allem Weiterentwicklung dieser speziellen Liebesgeschichte. Wir sollten uns fragen: Was begründet das Vertrauen (-neu) und was lässt die Euphorie und den Spaß an der europäischen Idee wieder aufleben? Das Folienobjekt ist konstant mit Luft befüllt und lässt den Eindruck einer transparenten, lebendigen Hülle entstehen. Es ist ein Schlauchsystem, das keiner Homogenität obliegt, sondern in Form und Materialität wechselt. Es greift durch die Flure des Festspielhauses; drängt sich auf und ist in seiner Ausbreitung unüberblickbar. Von verschiedenen Orten aus, sind die Besucher*innen dazu aufgefordert dem Luftschloss Europa eine Form zu geben. Die Idee: kollektives Pumpen. Die Zeit während der körperlichen Betätigung darf für eine “Meditation über ihre Beziehung mit Europa” genutzt werden. Es wird deutlich, dass jeder noch so kleine Pumpstoß das Luftobjekt in Bewegung bringt. So füllt sich unser “Europa” nicht nur nach und nach mit Luft, sondern geht auch mit Bedeutung schwanger: Die Überlegung dieser kollektiven, performativen Installation ist eine Aktivierung der Besuchenden zum bewussten Teilhaben, aber auch Teilwerden einer ungleichen, kräftezehrenden Beziehung, die konstanten Änderungen unterworfen ist. “Bin ich hier der*die Einzige, der*die hier pumpt?”

Lisa Kruse studierte Innenarchitektur und Szenografie in Hannover. Während der Ausbildung assistierte sie u.a. an der Staatsoper Hannover, der Deutschen Oper Berlin sowie der Schaubühne Berlin. Im Anschluss daran folgte das Studium der Dramaturgie und Theaterwissenschaft in Frankfurt am Main und Leipzig. Sie sucht in ihrem künstlerischen Tun nach Formen Raum, Spielende und Zuschauende in ihrer Erwartungshaltung zu verrücken und sich dadurch freier begegnen zu lassen. Dabei steht das Finden einer genreübergreifenden ISpracheI im Zentrum. Sie realisierte Theaterprojekte in der freien Szene und an unterschiedlichen deutschen Theatern. Außerdem ist sie als feste Bühnen- und Kostümassistentin am Schauspiel Leipzig engagiert.

Anja Schneidereit studierte Kulturwissenschaft und französischen Philologie in Potsdam und seit 2015 Dramaturgie in Frankfurt am Main. Während des Studiums hospitierte sie zunächst u.a. bei Theater der Zeit, Thalia Theater und Deutsches Theater Berlin und assistierte in der Dramaturgie der Ruhrtriennale. Die eigene Theaterarbeit beschäftigt sich mit Körpern, die sich mit räumlichen Begebenheiten konfrontiert sehen und situiert sich häufig zwischen Installation und Performance (u.a. “Stadt aus Glas”, Gallus Theater, “Pinkelpause” Audiofahrt im Frankfurter City-Tunnel). Anja arbeitet als freie Dramaturgin/ Projektleiterin und lebt mit ihrer Erasmus-Liebe und dem gemeinsamen Sohn in Leipzig und in Frankfurt am Main.