Mellie
Im Frühsommer 2019 gründete sich die Band Mellie in Leipzig. Mellie ist ein Avant/Noise-Pop-Trio mit mild-lauten Avant-Rock-Songs. Ihre Musik wurde für ihren „verschrobelten Avant-Pop“ und ihre „dezenten Sonic-Youth-Anleihen“ gelobt. Die Songs haben einen sanften Olympia-Vibe, der an Acts von k Records oder Kill Rock Stars erinnert. Nachdem Mellie eine Handvoll Konzerte spielte, erschien die erste EP „Have Head“ im Mai auf Flennen (Berlin, flennen.bandcamp.com) und RDS REC. HH. (Hamburg, rdsrechh.bandcamp.com) auf Vinyl und Tape.
Einerseits geht es in „Have Head“ um das tägliche, kopflastige Grübeln, welches uns vom modischen „Einfach machen“ abhält. Andererseits handelt »Have Head« auch von Verlust, Abschluss, Ende, Enttäuschung und dem konstruktiven Umgang damit. Dieses Release ist also keines der leichten, fluffigen Art, aber dafür ein weitaus nachhallenderes. Mellie behauptet nicht, dass es einfach wäre, den eigenen Weg zu finden.
Tatsächlich scheint Mellie die Gemeinsamkeit das Wichtigste zu sein, das Zusammenspiel, Ineinandergreifen, das Jeden-in-dem-bestärken-was-er-kann. Den Songs wohnt eine schöne, aber weltfremde Harmonie inne, die einen die Nachdenklichkeit der Texte fast vergessen lässt. Die verspielten Basslinien, das oft gebrochene, aber stürmisch-klare Schlagzeugspiel tragen die Musik voll nach vorne, um gleich wieder zu seltsam schwebenden, dann plötzlich wütenden Gitarrenharmonien zu wechseln. Julias Stimme scheint diese Fragmente in bestechenden Einklang zu bringen. Nach dem frühen Ende ihres vorhergehenden Bandprojektes war sie oft gezwungen, sich mit der schwierigen Zeit des Übergangs von etwas Vergangenem zu etwas Neuem auseinanderzusetzen, wie in dem Song „Concept“: We had no idea of things to come, we were looking for a sentence, a sentence that says more than we know’. Das kann man sowohl persönlich begreifen als auch auf eine größere Skala übertragen.
Ihre Themen scheinen anfänglich in tiefen, persönlichen Erfahrungen zu wurzeln, werden dann aber zu poetisch-generischen – und manchmal ironischen – Wahrheiten verformt, nur um am Ende als Kritik oder als Formulierungsversuch des klassischen „Fails“ stehenzubleiben: ‘You’re definitely out here on your own, I don‘t see why this fun has to stop, you and your friends: it seems to make sense.’ Die häufig beklagten Probleme mit dem Erwachsenwerden bekommen in vielen der Songs auf „Have Head“ eine Bühne – eine Platte, die einräumt, dass diese in deren Generation eine Hauptrolle spielt. Aber Mellie macht es sich nicht bequem in diesem Fakt. Stattdessen ist die Message, Entscheidungen zu fordern, oder mit anderen Worten: zu akzeptieren, dass Schmerz auch Spaß machen kann.