„opera – a future game“ ist ein interaktives und digitales Musiktheater-Videospielessay in einer Game-Engine, basierend auf der Oper „opera opera opera! revenants&revolutions“ in der Regie von Michael von zur Mühlen, mit Musik von Ole Hübner und Texten von Thomas Köck.  

Die erzählerische Ausgangssituation könnte dabei aktueller kaum sein: Weit in der Zukunft und nach einer schweren Katastrophe befindet sich ein Chor mit teilweiser Amnesie im Gespräch mit sich selbst und einem Cyborg. Aus ihren trüben Gedächtnissen erheben sich Heimsuchungen, individuelle wie kollektive Erinnerungen an echte und ersehnte Ereignisse. Plötzlich finden sie sich in der wüsten Kulturlandschaft einer verlassenen und zerfallenen Opernbühne wieder und der Chor meint endlich zu wissen, wer er sei: ein aufständischer Chor mitten in einer Grand Opéra, die 1830 eine Revolution und die Gründung Belgiens ausgelöst haben soll. 

Am 24.03.23, 20 Uhr wird die experimentelle Videospiel-Installation sowohl in der HYBRID BOX als auch im großen Saal zusammen mit dem Publikum als szenische Gaming-Performance eröffnet, dabei wird das Publikum dazu eingeladen in einem öffentlichen Let´s Play das Game zu spielen, begleitet von Thomas Köck, der aus seinen Texten liest.

Laufzeit der Installation: 24.03. – 07.05., jeweils ab einer Stunde vor und nach den Veranstaltungen im Festspielhaus

Vorab haben wir ein Interview mit dem Regisseur Michael von zur Mühlen, der auch für das Gamedesign und die Animation verantwortlich ist, und dem Autor Thomas Köck geführt:

Worauf basiert opera – a future game?

TK
Auf einem Libretto von mir und einer Partitur von Ole Hübner, die eigentlich in der Regie von Michael bei der Münchener Biennale und in Halle hätte uraufgeführt werden sollen. Dann kam Corona dazwischen und es wurde zuerst verschoben und ist dann erstmal verschwunden. Da kann Theater unerbittlich sein, vor allem, weil schon geprobt wurde, aber da weiß Michael sicher mehr zu.

MvzM
Die Theater- und Opernhäuser waren verlassen und wir standen nun da mit einer großen zeitgenössischen Oper für Chor, Kinderchor und das ganze große Besteck. Das Irre dabei: Das Stück spielt selber nach einer Katastrophe, ein Chor letzter Menschen trifft darin auf einen Cyborg und der letzte Akt spielt in einem zerfallendem und verwaisten Opernhaus – dabei stammt das Libretto von Thomas von vor der Pandemie! Wir mussten in dieser Situation an diesem „Stück der Stunde“ weiterarbeiten, komme was wolle. Wir haben also im bereits fertigen Bühnenbild noch im ersten Lockdown gedreht und konnten eine Teilaufnahme der Musik durch den MDR organisieren und schlussendlich nach etlichen Verschiebungen im März 2022 in der Münchener Reithalle eine Mehrkanal Video- und Soundinstallation zeigen.

Wie kam es zur Oper im und als Game?

MvzM
Wir haben für die Installation in München Filmaufnahmen mit aufwendigen 3D- Animationen kombiniert. Um die sehr komplexe Installation in München zu simulieren, habe ich mit einer Game-Engine gearbeitet und konnte auf diese Weise die Installation in Echtzeit und virtuell ausprobieren. Thomas war bei der Münchener Premiere gerade für eine Produktion in Mexiko und hat erst im Nachhinein die Simulation gespielt…

TK
Ich habe das dann gesehen bei Michael und fand das super, es war ja erstmal nur als Tryout gedacht, aber ich sah da wirklich noch ganz andere Möglichkeiten, auch Theater weiterzubekommen. Momentan ist es ja alles ein bisschen so, dass Theater sich dringend neu aufstellen müsste und seine Mittel erweitern, wie das ja mit Video auch war und mit dokumentarischen Mitteln usw. Und jetzt eben die digital spaces. Mich beschäftigt sehr, wie man die einbinden kann, ohne bloße Illustration von Pixeln, sondern, um wirklich den Raum zu erweitern. Wir haben uns dann dazu entschieden eine eigene rein digitale Version zu erarbeiten, die Landschaften sind nun wie im Ego-Shooter als open world begehbar und ein extra für diese Fassung geschriebener Text von mir begleitet die User:innen als innere Stimme.

Die Entdeckung der Oper als Game. Wie kommen zeitgenössisches Musiktheater und Videogame in opera – a future game zusammen?

TK
Also die kompletten Mittel einer großen Oper, Chor bzw. Chöre, Orchester, große, fantastische Räume treffen auf die nahezu unbegrenzten Mittel des digitalen Raums. Und das Publikum selbst wird zum Avatar und durchläuft da wundervoll gestaltete Räume, die irgendwo zwischen Michael am Rechner und dem Bühnenbildner Martin Miotk entstanden sind, so genau weiß ich das gar nicht.

MvzM
Mir macht es Spaß Musiktheater als modernstes Medium zu denken, als Summe der technologischen und medialen Möglichkeiten einer Zeit. Die Pariser Oper im 19. Jahrhundert war auch eine große Medienmaschine, ein multimediales Gesamtkunstwerk und dabei überaus populär. Die Game-Engine ist in diesem Sinne auch ein Opernhaus.

Vom 24.03. bis 07.05. wird opera – a future game in HELLERAU in der HYBRID BOX als interaktive Gaming Installation erlebbar sein. Was können wir zur Eröffnung er-warten?

MvzM
Die Eröffnung wird ein Hybrid aus öffentlichem Let´s Play, Lecture Performance und Soundinstallation sein. Wir bespielen dafür die HYBRID Box, das Foyer und den großen Saal des Festspielhauses. Das Publikum kann an verschiedenen Orten sein und sich zwischen diesen bewegen. Zuschauer:innen können in der HYBRID Box die Anwendung spielen, die auch als Projektion in den großen Saal übertragen wird. Dort performt Thomas live Texte als Kommentar zu dem Gameplay und es gibt eine tolle Sourround Soundabmischung.

TK
Und ich werde auch live als Avatar im Spiel mitspielen, während Gamer:innen und Zuschauer:innen in der HYBRID Box alleine das Spiel spielen, das ist sozusagen ein Tryout für eine weitere Stufe, eine Verquickung zwischen Digitalem und Realem, das nochmal über Virtual Reality hinausgeht, weil es ja nicht virtual real ist sondern ich tatsächlich real interagiere mit den Gamer:innen.