Foto: Stephan Floss

Gesichter in HELLERAU – Friedemann Heinrich, Finanzmanagement & Controlling, #1 – 2022

In unserer Reihe „Gesichter“ stellen wir Menschen vor, die vor oder hinter den Kulissen dafür sorgen, dass im Haus alles reibungslos funktioniert und sich unsere Gäste wohlfühlen. 

Wann und wie bist du nach HELLERAU gekommen?  

Am Ende meines Studiums an der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung in Meißen habe ich 1994 ein Praktikum im Kulturamt der Stadt Dresden absolviert. Nach einer halben Woche kam ein Alarmruf aus dem Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik auf der Schevenstraße. In vier Tagen sollten die Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik starten, aber der zuständige Disponent durfte wegen seiner Stasi-Vergangenheit von heute auf morgen nicht mehr arbeiten. So war ich plötzlich im Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik bei Udo Zimmermann und habe dort die Organisation für die Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik übernommen. Diese Tätigkeit konnte ich auch nach Studienabschluss weiterführen. 2002, im Hochwasserjahr, sind wir mit dem Zentrum dann nach Hellerau umgezogen.  

Was sind heute deine Aufgaben?  

Ich bin zusammen mit meiner Kollegin Katrin Meinig für Finanzmanagement und Controlling zuständig. Wir kümmern uns um alle Einnahmen und Ausgaben, die steuerlichen Angelegenheiten, die Abrechnung der Feuerwehr, die Residenz-Apartments, das Führen von Auswertungslisten, die Vorbereitung von Fördermittelabrechnungen, Verrechnungen innerhalb der Stadtverwaltung, den Jahresabschluss und vieles anderes mehr. 
Früher war ich allein in der Buchhaltung, aber irgendwann konnte ich die Arbeit aufgrund der steigenden Verwaltungsanforderungen und des umfangreicheren Spielplans nicht mehr allein bewältigen. Zu Udo Zimmermanns Zeiten bis 2006 haben wir die Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik über zehn Tage im Oktober als Festival durchgeführt und nur gelegentlich andere Veranstaltungen organisiert. Mit Dieter Jaenicke begann ein durchgehender Spielbetrieb, so, wie es auch in anderen Theatern üblich ist. Zum Glück wurde dann eine neue Stelle geschaffen. Und wenn heute meine Kollegin Katrin Meinig nicht hier wäre, wäre das hier das blanke Chaos.  

Was war eine besondere Herausforderung, die ihr gemeistert habt?  

Aus buchhalterischer Sicht betrachtet, war es die Arbeit mit der abgesenkten Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr 2020, weil der entscheidende Faktor dabei jeweils der Leistungszeitraum und nicht das Datum der Rechnungslegung war. Bis das der/die Letzte verstanden hatte, war das halbe Jahr schon wieder vorbei. In diesem halben Jahr haben wir 33 verschiedene Steuerkennzeichen verwendet – das ist, glaube ich, der absolute Rekord in der Stadt. Diese unterschiedliche Besteuerung hängt damit zusammen, dass HELLERAU innerhalb der Stadt Dresden als Betrieb gewerblicher Art geführt wird und dadurch teilweise vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dies hängt wiederum vom Steuerstatus der Künstler:innen und den Einnahmen ab, was dazu führt, dass … aber das würde hier jetzt hier zu weit führen. Da die Steuerprüfung durch das Finanzamt meistens erst fünf bis sieben Jahre später erfolgt, sollte man dann noch wissen, was man damals getan hat und warum man es getan hat.  

Was magst du besonders in HELLERAU?  

Das Faszinierende an HELLERAU ist die Multifunktionalität des Raumes. Im klassischen Theater nimmt das Publikum den Großteil des Raumes ein und die Bühne ist ein Guckkasten. Bei uns kann mit mehreren Bestuhlungsvarianten gearbeitet werden, an jeder beliebigen Ecke der Decke kann jeder Scheinwerfer gehangen werden. Und genau diese Veranstaltungen, bei denen von der traditionellen Bestuhlung abgewichen wird, wo der Raum eine besondere Gestaltung bekommt, sind immer ganz besondere. 
Da erinnere ich mich besonders gern an das Projekt „Heimat“ (2007), bei dem Peter und Harriet Meining acht verschiedene Gruppen beauftragt hatten, mit einem ganz normalen Gartenhäuschen aus dem Baumarkt etwas anzustellen. Der gesamte Raum war mit Rollrasen ausgelegt und das Publikum flanierte durch den Raum und konnte sich die Bespielung der Häuschen anschauen. Das 360°-Musiktheater „Lebende Minus Tote“ von theatrale subversion im letzten Jahr war auch so etwas Besonderes. 
Ich habe in meiner Zeit hier drei unterschiedliche Intendanzen erlebt, mit jeweils drei ganz unterschiedlichen Handschriften. Diese drei Handschriften sind Ausdruck der vielen Möglichkeiten des Hauses.  

Was wünschst du HELLERAU für die Zukunft?  

Ich wünsche mir, dass wir mal wieder die ganz großen Kracher machen können. Dass wir ein internationales Ensemble begrüßen können, welches eine Gastspielreise von Tel Aviv über Madrid, Paris, HELLERAU, Warschau nach Moskau macht.  

Auch privat bist du mit der Bühne verbunden. Was genau machst du da?  

In meiner Freizeit manage ich das Kabarett „Die Kaktusblüte“ und stehe selbst mit großer Freude seit über 40 Jahren als Kabarettist auf den Brettern, die die Welt bedeuten.