Über die Mauer

Arila Siegert nach Wassily Kandinsky

Tanz 2021/22

Der Titel ist Programm: Mit „Über die Mauer“ überrascht Kandinsky, den meisten nur als Maler bekannt, mit einem Stück für die Bühne, das vom Schaffensprozess eines Werks erzählt. In einem ebenso ernsthaften wie amüsanten fiktiven Dialog zwischen Künstler:in und Zuschauer:in gibt er Einblicke in die Sicht des Malers, der aus der Zweidimensionalität des Bildes ausbricht und sie ins Dreidimensional-Räumliche des Theaters erweitert.

Die Regisseurin und Choreografin Arila Siegert unternimmt mit der Künstlergruppe Violett die szenische Realisierung von Wassily Kandinskys Bühnenkomposition „Über die Mauer“ von 1913/14 und die spielerische Auseinandersetzung mit seiner Theorie des Gesamtkunstwerks.

Dauer: ca. 1 Std.

+ 15.01. 13:00 Uhr Workshop Kandinsky – Die Sprache der Künste mit Arila Siegert (Ausgebucht)

+ 15.01. 17:00 Uhr Vor dem Vergessen bewahren – Tanz in der DDR, Podiumsdiskussion der Sächsischen Akademie der Künste in Kooperation mit dem Tanzarchiv Leipzig e.V.

Hinweis: Die Pastamanufaktur ist nicht mehr in HELLERAU. Derzeit wird die Küche umgebaut und die Lago-Bar bietet im Dalcroze-Saal bis zum Veranstaltungsbeginn von „Über die Mauer“ um 20 Uhr Getränke an. 

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Ab sofort können Sie Anmeldungen für die kostenfreie Podiumsdiskussion und Ticketreservierungen für das Stück „Über die Mauer“ per Mail an ticket@hellerau.org senden.

Für telefonische Rückfragen steht das Besucherzentrum ab 10.01. telefonisch unter 0351 264 62 46, von Mo – Sa 11 – 18 Uhr zur Verfügung.

Der Ticketverkauf für „Über die Mauer“ startet voraussichtlich am 12.01. Die aktuellen Corona-Regeln (voraussichtlich 2G+) finden Sie nach Bekanntmachung der neuen Coronaverordnung in unseren Übersicht zu den Corona-Maßnahmen.

Corona-Maßnahmen HELLERAU

Bereits beim Einlass werden die Zuschauer/innen in die Bühnenwelt des Synästhetikers Wassily Kandinsky mit Szenen-Anweisungen aus seiner Bühnenkomposition Violett entführt. 

Die Texte im Vorspiel stammen aus Kandinskys Schrift Über das Geistige in der Kunst. Sie lassen eintauchen in Kandinskys Wahrnehmung von Farben, insbesondere welche Eigenschaften und Klänge er ihnen zuordnete.

Kandinsky als Bühnenautor

Mancher mag überrascht gewesen sein, dass der Maler Kandinsky auch für die Bühne Werke geschrieben hat. Wie kam es dazu? 
Vielleicht war ein Auslöser, dass er 1895 im Moskauer Hoftheater eine Aufführung von Richard Wagners Lohengrin gesehen hat und tief beeindruckt war, wie in dieser Oper die verschiedenen Künste, Musik, Sprache, Tanz zusammenkomponiert waren. „Die Geigen, die tiefen Baßtöne, und ganz besonders die Blasinstrumente verkörperten damals für mich die ganze Kraft der Vorabendstunde. Ich sah alle meine Farben im Geiste. Sie standen vor meinen Augen. Wilde, fast tolle Linien zeichneten sich vor mir. Ich traute mich nicht den Ausdruck zu gebrauchen, daß Wagner musikalisch ›meine‹ Stunde gemalt hatte. Ganz klar wurde mir aber, daß die Kunst im allgemeinen viel machtvoller ist als sie mir vorkam, daß andererseits die Malerei ebensolche Kräfte wie sie die Musik besitzt, entwickeln könnte. Und die Unmöglichkeit, selbst diese Kräfte zu entdecken, jedenfalls zu suchen, verbitterte noch mehr meine Entsagung.“

Aus dieser Beschreibung wird zweierlei deutlich: Zum einen, wie sehr der Synästhetiker Kandinsky in Farben dachte, wie er Farben hörte und Klänge sah, in welcher Weise Farben und Klänge für ihn miteinander korrespondierten und welche Bedeutung dieses Wechselspiel für ihn hatte. 
Knapp und wunderschön hat er dies in seinem 1911 erschienenen theoretischen Hauptwerk Über das Geistige in der Kunst definiert. „Im allgemeinen ist die Farbe ein Mittel, einen direkten Einfluss auf die Seele auszuüben. Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten.“ 
Zum anderen lässt die Beschreibung ahnen, dass sich der Maler Kandinsky einmal intensiv mit den Möglichkeiten des Theaters auseinandersetzen würde. Er tat dies parallel zu seiner Auseinandersetzung mit der Malerei in den sogenannten Murnauer Jahren zwischen 1909 und 1914. Im Theater, das war ihm klar, bot sich ihm die Gelegenheit, die Zweidimensionalität des Bildes zu durchbrechen und künstlerisch in die Dreidimensionaliät der Bühne vorzudringen. 

In der Malerei wie im Theater war für ihn dabei der Ausgang zum Entstehen einer Komposition das innere Bild, das zum Vorgang im Raum wird. Oder wie die Tänzerin Gret Palucca es formulierte: „Am Anfang steht der Instinkt am Ende die Kunst.“ Nur die ‚Innere Notwendigkeit‘, so betonte Kandinsky immer wieder in seinen theoretischen Schriften, bewegt den Künstler ein Werk zu schaffen, sie allein ist die Antwort auf den Sinn eines Werkes und in ihr dokumentieren sich, laut Hugo Ball, Dada-Mitbegründer und ausgewiesener Kandinskykenner, drei Elemente, aus denen das Kunstwerk besteht: die Zeit, die Persönlichkeit und das Kunstprinzip. Oder wie Kandinsky seine Theorie der schöpferischen Tätigkeit definierte: die Gestaltwerdung des Ewig-Objektiven, des Wesens der Kunst, des Geistigen, durch das Zeitlich-Subjektive, das heißt den Künstler, der als menschliches Wesen einer Nation und einer Epoche angehört.

Über die Mauer, 1913 entstanden und im Januar 1914 in München beendet, ist, so wie es uns vorliegt, kein Bühnenstück im herkömmlichen Sinn. Es wirkt wie eine Gedankensammlung darüber, wie ein Kunstwerk entsteht, welchen Stellenwert die Kunst in der Gesellschaft hat. – Ganz nebenbei ist Kandinsky in diesem Stück eine kleine Hymne an die abstrakte Malerei gelungen. – Darüber hinaus kann man Über die Mauer als Plädoyer an den Zuschauer verstehen, sich von starren Formen und Vorstellungen zu befreien, offen zu sein, über die Mauer hinweg zu schauen. Denn nur so erlangt er die Befähigung, analoge wenn nicht gar identische Empfindungen beim Betrachten eines Kunstwerks zu erleben, wie sie der Künstler selbst bei der Schaffung des Kunstwerkes erfahren hat. „Der Schaffens- und der Rezeptionsprozess sind identisch und bedürfen keiner intellektuellen Vermittlung, da sich Kunst und Verstehen sogar gegenseitig ausschließen“, schrieb Kandinsky in Über das Geistige in der Kunst und so wundert es nicht, dass er dem Stück Über die Mauer folgendes Zitat von Honoré de Balzac vorangestellt hat: „Die Vernunft ist immer arm im Vergleich mit dem Gefühl. Die erste ist stets und naturgemäß begrenzt und das zweite ist grenzenlos. Die Vernunft anzuwenden dort, wo man fühlen muss, ist die Eigenschaft einer Seele, die zum Schwung nicht fähig ist.“ 

Kandinsky wünscht sich einen von herkömmlichen Seh- und Hörgewohnheiten unvoreingenommenen Zugang zum Werk, einen Rezipienten, der ein Werk nicht gleich in eine Schublade zwängt, einen, der in Dialog tritt mit dem Gesehenen und so Teil des Geschehens und ein Teil des Gesamtkunstwerks wird.

Mit welchen Mitteln dieses im Gleichklang-Schwingen erzeugt werden sollte, aus welchen Elementen sich eine Bühnenkomposition zusammensetzten sollte, legte Kandinsky 1911 in dem Aufsatz Über Bühnenkomposition fest:

  1. musikalischer Ton und seine Bewegung,
  2. körperlich-seelischer Klang und seine Bewegung, durch Menschen und Gegenstände ausgedrückt. Kandinsky war ungemein interessiert am Tanz. Für ihn lag „in der einfachen Bewegung, die äußerlich nicht motiviert ist, ein unermesslicher Schatz voller Möglichkeiten.“ Er war befreundet mit der gerade erwähnten Gret Palucca. Ihr Ausdruckstanz beeindruckte ihn und er widmete ihr sogar ein Kapitel in Über das Geistige in der Kunst. – Übrigens, hier schließt sich der Kreis: Arila Siegert, ursprünglich Tänzerin und Choreografin, Regisseurin von Über die Mauer, hat bei eben jener Gret Palucca in Dresden ihre Ausbildung absolviert. – 
  3. farbiger Ton und seine Bewegung (eine spezielle Bühnenmöglichkeit) – damit gemeint vor allem Effekte des Lichts.

Die Sprache verselbständigt sich, sie ist nicht mehr Ausdruck des Einzelnen, der auf Antwort wartet, sondern gibt die Stimmung wieder, die in den Seelen herrscht.
In seinen Bühnenkompositionen sollten alle Genres gleichberechtigt zu einem vielschichtigen, theatralischen Geschehen zusammenwirken, sollten Schauspieler, Tänzer, Sänger gleichwertig mit ihrer Kunst zusammen arbeiten, sich ablösen, nebeneinander stehen, wie Farbe/Klang/Bewegung. 
Etwa zeitgleich mit der Entstehung von Über die Mauer beschrieb Kandinsky in seinem Text Chronik die ‚unbeschränkte Freiheit‘ des Künstlers in der einer Bühne vergleichbaren Welt:
„Eine Bühne, welcher keine Grenze denkbar ist.
Auf dieser Bühne eine Handlung, heute Tragödie genannt:
Bewegung. Klänge. Zusammenstoß. Knall. Explosion. Verschwinden. Erscheinen. Kein Anfang. Kein Ende. …“

In einer Zeit, in der sich viele zu Experten über jedwedes Thema machen, in der schnelles Urteilen ohne tiefer gehende Kenntnis mehr und mehr zur Regel wird, scheint es wohltuend, Kandinskys Forderung nicht nur nach einem genauen Hinhören und Hinsehen, sondern nach einem Hinhören und Hinsehen mit Empathie Raum zu geben und seinem Rat zu folgen, den er Leuten, die vergeblich ‚Wertmaßstäbe‘ suchen, gegeben hat: „Halten Sie Ihr Ohr hin zur Musik, öffnen Sie Ihr Auge für die Malerei. Und denken Sie nicht! Prüfen Sie, wenn Sie wollen, indem Sie gehört haben, nachdem Sie gesehen haben. Fragen Sie sich, wenn Sie wollen, ob Sie dieses Werk ‚entführt‘ hat in eine Ihnen bisher unbekannte Welt. Wenn ja, was wollen Sie mehr?“

Mit Über die Mauer setzt Arila Siegert die Auseinandersetzung mit der Farb-, Klang- und Gedankenwelt Kandinskys mit der Künstlergruppe Violett fort, mit der sie 2019 die Uraufführung der Bühnenkomposition Violett am Anhaltischen Theater Dessau inszeniert hat, aus Anlass des 100. Jubiläums vom Bauhaus, dem Kandinsky von 1922 bis zu seiner Schließung 1933 angehörte. 

Carola Cohen-Friedlaender, Berlin 2021

Arila Siegert hat durch ihre Arbeit als ‚Berufene Expertin‘ für die Bühne am Bauhaus (1996-98) und durch ihre Ausbildung bei Gret Palucca in Dresden eine enge Verbindung zu den Bauhaus-Ideen. Palucca war mit Paul Klee und Wassily Kandinsky eng befreundet. Ihr Unterricht war davon maßgeblich inspiriert. Ihr erstes Engagement als Tänzerin erhielt Arila Siegert 1971 in Berlin bei Tom Schilling am Tanztheater von Walter Felsensteins Komischer Oper. 1979 ging sie als Solotänzerin an die Semperoper Dresden. 1987 gründete sie am dortigen Staatsschauspiel ihr erstes eigenes Tanztheater. Sie führte die Dresdner Ausdruckstanztradition fort, indem sie sich in Rekonstruktionen mit den Stücken von Dore Hoyer, Mary Wigman und Marianne Vogelsang auseinandersetzte und eigene Soloprogramme entwickelte, die sie um die ganze Welt führten. Daneben kreierte sie auch zahlreiche abendfüllende Ballette. 1987 gründete Arila Siegert unter der Intendanz von Gerhard Wolfram am Staatsschauspiel Dresden ein modernes Tanztheater. Sie arbeitete zusammen mit Ruth Berghaus bei Hans Werner Henzes Orpheus-Ballett in Wien und mit Peter Konwitschny bei Kurt Weills Sieben Todsünden in Dresden. Ab 1992 leitete Arila Siegert das Tanztheater am Anhaltischen Theater Dessau und wurde als Expertin für die Bühne am Bauhaus berufen. Mit ihrer Macbeth-Inszenierung 1998 in Ulm startete sie ihre Karriere als Opernregisseurin. Seitdem entstanden über fünfzig Produktionen, darunter szenische Uraufführungen wie Sergej Slonimskis Meister und Margarita und Vinko Globokars L’armonia drammatica, beide mit Marie-Luise Strandt als Ausstatterin und Helge Leiberg für die Live-Malerei. 2014 gab sie ihr mit der Zauberflöte in Florida ihr Regiedebüt in den USA. Arila Siegert erhielt 1989 den Kritikerpreis für Tanz und 1993 das Bundesverdienstkreuz. Sie ist Mitglied der Akademie der Künste, Berlin und der Sächsischen Akademie der Künste in Dresden und gehört der Mitgliederversammlung des Goethe-Instituts an. Das Archiv der Berliner Akademie der Künste verwahrt ihre Materialien. Ein Buch über ihre Arbeit erschien 2014. 

Kerstin Schweers wurde in Dorsten, einer mittleren Kleinstadt am Rande des ‚Ruhrpotts‘ geboren. Erste Bühnenerfahrung sammelte sie auf der Schultheaterbühne. Nach dem Abitur ging sie zum Schauspielstudium an die Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater in Saarbrücken. Erste Engagements an Stadt- und Staatstheatern führten sie in den Jahren 1989–1996 nach Wilhelmshaven, Dortmund, Zürich und Darmstadt. Anschließend war sie bis 2005 festes Ensemblemitglied am Staatstheater Nürnberg. Seit 2006 lebt sie in Berlin und arbeitet seither von dort als freischaffende Schauspielerin. So spielte sie u.a. als Gast am Anhaltischen Theater Dessau, am Staatstheater Braunschweig, an der Staatsoper Berlin und am Renaissance Theater Berlin und war in freien Produktionen u.a. im Radialsystem V und dem Theaterdiscounter Berlin zu sehen.  

 Jörg Thieme wurde in Eisenhüttenstadt geboren und wuchs in Grünheide/Mark auf. Ab dem Alter von sechs Jahren sang er im Berliner Knabenchor ‚Omnibus‘, erhielt hier eine gesangliche Einzelausbildung durch Dozenten der Musikhochschule ‚Hanns Eisler‘ Berlin und sammelte in achtjähriger Zugehörigkeit Erfahrungen bei unzähligen Bühnenauftritten, Rundfunk-, Schallplatten- und Fernsehaufnahmen. Während seines Schauspielstudiums an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater ‚Felix Mendelssohn Bartholdy‘ wurde er in das Ensemble des Staatschauspiels Dresden übernommen. In der Zeit von 1996 bis 2007 war er als freier Schauspieler an vielen Theatern in Deutschland tätig und übernahm Rollen unter anderem am Schauspiel Bonn, Kampnagel Hamburg, Staatstheater Wiesbaden und an der Schaubühne am Lehniner Platz Berlin. Von März 2007 bis 2017 war er festes Mitglied des Berliner Ensemble am Schiffbauerdamm. Seit 2017 ist er wieder freischaffend. Jörg Thieme arbeitet(e) u.a. mit Markus Bothe, Nicolas Charaux, András Dömötör, Achim Freyer, András Fricsay, Manfred Karge, Burkhard C. Kosminski, Thomas Langhoff, Jens Mehrle, Claus Peymann, Arila Siegert, Sebastian Sommer, Peter Stein, Philip Tiedemann, Hasko Weber, Robert Wilson. 

Isabel Wamig tanzt und musiziert seit ihrer Kindheit. Ihre Ausbildung in klassischem Gesang, Jazzgesang, Geige, Bühnentanz und Musikpädagogik erhielt sie am Musik- und Tanz-Gymnasium Essen-Werden, an der ArtEZ University of the Arts in Arnheim sowie an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Als Sängerin und Tänzerin wirkte Isabel Wamig unter anderem im Extra-Opernchor des Aalto-Theaters in Essen, in den Musicalproduktionen des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen oder zuletzt in der interdisziplinären Produktion Rolling der Remote Control Productions in Berlin und beim ImPulsTanz Festival in Wien. Als Geigerin spielte sie z.B. im Jungen Streichorchester Bern. Neben der Mitwirkung in meist interdisziplinären freien Theaterproduktionen entwickelt Isabel Wamig auch eigene Konzerte und Performances. So schreibt sie mit dem Gitarristen Micha Lorenz eigene Musik für ihr Duo oder choreographiert mit der Tänzerin Yen Lee. In der Produktion smile mit der inklusiven Tanzkompanie SZENE 2WEI übernahm sie 2019 im Theaterhaus Stuttgart die musikalische Leitung. Als Pädagogin für Gesang, Geige und Tanz gestaltete Isabel Wamig verschiedene Musik- und Tanzprojekte, wie z.B. für PACT Zollverein in Essen, das Musik- und Tanz-Gymnasium Essen-Werden oder die Deutsche JuniorAkademie der Hochbegabtenförderung in Hamburg. Derzeit führt Isabel Wamig ihre Zusammenarbeit mit den Regisseurinnen Anna Peschke und Arila Siegert wieder nach Berlin. 

Ali N. Askin 1962 in München geboren, studierte von 1982-1986 an der dortigen Musikhochschule. 1987 war er Gaststudent an der Hochschule für Film und Fernsehen. Das Geld dafür verdiente er sich als Radiomoderator, Kopist, Musiklehrer und Nachtportier. Nebenher war er Keyboarder, Pianist und Komponist unterschiedlichster Bands. Es folgten Engagements als Komponist, Musiker und musikalischer Leiter an den Kammerspielen und am Residenztheater München, am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Theater Zürich. Beim Projekt The Yellow Shark mit dem Ensemble Modern wurde er 1991 Assistent von Frank Zappa. Nach dessen Tod war er weiter für den Zappa Family Trust tätig. Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitete Ali N. Askin verstärkt für Radio, Film und Fernsehen, realisierte Musik- und Konzertperformances und schrieb Musik für Multimedia-Events. Bei seinen Kompositionen setzte er, sich zwischen den Stilen bewegend, elektronische und elektro-akustische Instrumente ein. In den Produktionen Trommeln im Licht 1995 für das Labor der Bayerischen Staatsoper und Blau ist die Farbe 1997 in Wuppertal verband er Elektronik, Livemusik, theatrale Elemente und Lichtgestaltung miteinander. 2014 richtete Ali N. Askin bei den Ballettfestwochen der Bayerischen Staatsoper Kompositionen von Frank Zappa für Kandinskys Der gelbe Klang ein. 2019 folgte die Komposition für Kandinskys Violett in der Regie von Arila Siegert.  

Marie-Luise Strandt begann ihre Theaterarbeit nach einem Modestudium an der Hochschule der Künste in Ostberlin als Theatermalerin an der Deutschen Staatsoper Berlin. Die Regisseurin Ruth Berghaus engagierte sie dort 1979 für ihre ersten Ausstattungsarbeiten. Gemeinsame Arbeiten führten sie u.a. an die Opernhäuser in Frankfurt am Main, Hamburg, Stuttgart, Mannheim, Dresden, Leipzig, Paris, Zürich, Basel, Wien, Graz, Brüssel, Bologna, London, Cardiff und bei Schauspielprojekten ans Thalia Theater sowie das Schauspielhaus Hamburg und ans Burgtheater Wien. Die Zusammenarbeit mit Berghaus endete 1996 mit dem Tod der Regisseurin. Es folgten ständige Zusammenarbeiten mit verschiedenen Regisseuren in Deutschland, der Schweiz und Österreich: 2009-2017 u.a. mit der Regisseurin Vera Nemirova an der Staatsoper Wien Pique Dame, am Staatstheater Mainz La Boheme, am Theater Magdeburg Nabucco und Boris Godunow, am Theater Basel Lohengrin, am Theater Freiburg Die Sache Makropulos oder mit der Regisseurin Sandra Leupold am Staatstheater Wiesbaden Tosca und am Staatstheater Mainz Parsifal. Eine mehr als 20-jährige Zusammenarbeit verbindet Marie-Luise Strandt mit Arila Siegert, die 1996 bei Tanztheaterprojekten am Bauhaus begann und sich bei Arila Siegerts erster Opernregie 1998 in Ulm mit Verdis Macbeth fortsetzte. Es folgten u.a. Bulgakows Meister und Margarita in Hannover, Globokars L‘armonia drammatica in Bielefeld, Floyds The Passion of Jonathan Wade in Salzburg, Händels Agrippina in Kiel, Delius’ Romeo und Julia auf dem Dorfe oder Janáčeks Jenufa, beide am Badischen Staatstheater Karlsruhe, Mozarts Idomeneo am Theater in Pilsen und zuletzt Le nozze di Figaro 2021 am Theater Regensburg. Neben der ständigen Theaterarbeit hat Marie-Luise Strandt Lehraufträge im Fach Mode und Bühnen- und Kostümbild in Berlin, Dresden und Salzburg inne. 

Helge Leiberg ist ein in Dresden geborener Maler, Musiker und Performer. Schon während des Studiums an der Hochschule für Bildende Künste Dresden beschäftigte er sich mit Neuer Musik, Free Jazz, Film, Tanz und deren multimedialer Verbindung. Mit A. R. Penck und Michael Freudenberg gründete er 1979 eine Maler-Band. 1984 Umzug nach Berlin-Charlottenburg. 1990 Gründung der Gruppe GOKAN, (jap. ‚Die Sinne‘) mit Lothar Fiedler, Dietmar Diesner und der japanischen Tänzerin Noriko Wada. Dort reizte ihn vor allem der Dialog mit tänzerischer Bewegung und Musik. Sein zeichnerischer Kommentar bei den Performances entstand live mit ineinander übergleitenden Bildern, die er auf zwei Overhead-Projektoren herstellte und auf großflächige Leinwände projizierte. Dabei schöpfte er die einfachen Möglichkeiten dieser analogen Technik weitgehend aus. Strukturen, Farben, auftauchende und wieder verlöschende Figuren, Licht- und Schatteneffekte wurden sichtbar. Helge Leiberg wurde zum Erfinder des ‚noise painting‘, bei dem er die entstehenden Zeichengeräusche mittels Tonabnehmer hörbar machte und mit Live-Electronic modifizierte. Seit 1980 kennt er Arila Siegert. Die sonntäglichen Improvisationstreffen damals in Dresden regten ihn zu seinen Figurationen in der Malerei und Bildhauerei an und das tun sie bis heute. Seit 2000 ist seine Live-Malerei immer wieder wichtiger Bestandteil ihrer Inszenierungen. Helge Leiberg hat u.a. großformatige Bilderzyklen zu Dantes Göttlicher Komödie und zu den Sieben Todsünden gemalt und erfolgreich ausgestellt sowie große Literaturstoffe sowohl in Performances wie in Buchform bildnerisch umgesetzt, so z.B. 2003 Medea. Stimmen mit Christa Wolf bei den Salzburger Festspielen. 2013 wurde Helge Leiberg mit dem Brandenburgischen Kunstpreis für Malerei ausgezeichnet. 2005 war er bei der Peking-Biennale vertreten und 2015 stellte er bei der 56. Biennale in Venedig aus. 

Susanne Auffermann studierte 1987 nach dem Schauspielstudium an der Schauspielschule Prof. Karl Krauss als erste deutsche Studierende ‚Regie général’ mit dem Schwerpunkt Lichtdesign und Beleuchtungstechnik an der École supérieure d’art dramatique des Théâtre National de Strasbourg (TNS). Sie wurde die erste Stipendiatin für Lichtdesign im deutsch-französischen Kulturaustausch und arbeitete u.a. für Jean Paul Belmondo, Alain Delon, Gérard Depardieu, Roman Polanski. In Deutschland absolvierte sie als eine der ersten Frauen die Meisterprüfung für Bühnenbeleuchtung. Nach dem Studium am TNS wurde sie Mitarbeiterin in der Künstlerischen Leitung im Französisch-Ruandischen Kulturzentrum in Kigali, Ruanda. Es kam zu eigenen Regiearbeiten mit ruandischen Theatergruppen. Der knapp 20-monatige Aufenthalt in Ruanda wurde durch den Krieg beendet. Während ihres Studiums am TNS begann Susanne Auffermanns Zusammenarbeit mit Frankreichs führendem Lichtdesigner und Chefkameramann André Diot. Seit Ende 1991 arbeitet sie in Europa als freiberufliche Lichtdesignerin für Theater und Oper in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz, wie der Opéra Bastille, der Opéra Garnier, dem Théâtre National de Strasbourg, dem Théâtre de l‘Atelier, dem Grand Théâtre de Genève, dem Berliner Ensemble, dem Deutschen Theater, dem Burgtheater Wien, dem Théâtre Vidy-Lausanne. Zu ihren wichtigsten Regiebegegnungen gehören Michael Blakemoore, dessen Inszenierung Kopenhagen den Molière in der Kategorie ‚Bestes Gesamtwerk` erhielt, Benno Besson, Gérard Depardieu, André Engel, Klaus Michael Grüber, Jacques Lassalle, Heiner Müller, Bernard Murat und Arila Siegert. In Kooperation mit André Diot hat Susanne Auffermann über 23 Jahre das Licht für Peter Zadek gestaltet. Sie lehrte an der Freien Kunstakademie Düsseldorf und an der École supérieure d’art dramatique des Théâtre National de Strasbourg. Seit dem Wintersemester 2005/06 hat Susanne Auffermann die Professur für Lichtdesign und Beleuchtungstechnik an der Beuth Hochschule für Technik Berlin inne. Auch im Rahmen ihrer Hochschultätigkeit verknüpft Susanne Auffermann Produktion, Regie und Licht miteinander. Es kommt zu vielfältigen jährlichen künstlerischen Lichtinstallationen, Inszenierungen und Lichtgestaltungen.  

Carola Cohen-Friedlaender, geboren und aufgewachsen in München, promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Theaterwissenschaften und Geschichte. Nach Regieassistenzen am Badischen Staatstheater Karlsruhe und in der Hörspielabteilung des Bayerischen Rundfunks ging sie als Dramaturgin ans Bayerische Staatsschauspiel München. Es folgte das Engagement an die Staatlichen Schauspielbühnen in Berlin, wo sie seit 1986 lebt. 1991 unternahm sie einen kurzen Ausflug vom Theater als Produzentin bei der Phoenix Film Berlin, bevor sie das Ressort Theater am damals neu gegründeten experimentierfreudigen, Cross-Over-Veranstaltungsort Podewil in Berlin-Mitte aufbaute und leitete. Von 1996 bis 2001 war sie Dramaturgin und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit am Maxim Gorki Theater Berlin. Seit 2001 ist sie frei als Lektorin, Dramaturgin, Moderatorin und Organisatorin von Kulturveranstaltungen tätig, war Gutachterin für den Senat für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin sowie Mitglied im Beirat des Hauptstadtkulturfonds. Über die Mauer ist, nach der Uraufführung der Klangoper Violett am Anhaltischen Theater Dessau im September 2019 anlässlich des Jubiläums von 100 Jahre Bauhaus, die zweite gemeinsame Arbeit mit Arila Siegert und an einem Bühnenstück von Wassily Kandinsky. 

Performance: Kerstin Schweers, Jörg Thieme, Isabel Wamig (Tanz und Gesang)
Künstlerische Leitung: Arila Siegert
Komposition und Live-Musik: Ali N. Askin
Ausstattung: Marie-Luise Strandt   
Live-Malerei: Helge Leiberg
Licht: Susanne Auffermann
Dramaturgie: Carola Cohen-Friedlaender

Eine Koproduktion der Akademie der Künste, Berlin mit dem Anhaltischen Theater Dessau und der Stiftung Bauhaus Dessau.
In Kooperation mit der Beuth Hochschule für Technik Berlin. 

Gastspielmanagement: tristan Production